Boris Palmer (B‘90/Die Grünen) antwortete auf die Frage nach den Parallelgesellschaften und wie
viel es in Deutschland geben solle/könne: "so wenig wie möglich" -
was auf den ersten und vielleicht auch den zweiten Blick so ....logisch und
selbstverständlich klingt, kam mir dann doch seltsam vor. So wenig
Parallelgesellschaft wie möglich also.
Wieso eigentlich?
Vielleicht müssen wir vorher Parallelgesellschaft definieren bzw.
unterscheiden. Da gäbe es die völlig als normal angesehene PG: wenn
Tourismus-/Urlaubs-Gruppen im jeweiligen Land leben und schon fast tonangebend
sind: etwa Deutsche in Mallorka etc. Hier findet niemand was (von uns) dabei,
dass diese kaum spanisch sprechen und sich sicherlich nicht
"integrieren" wollen. Dann die historisch entwickelten deutschen
Einwanderer-Dörfer in Brasilien etc., die noch heute deutsch sprechen und sich
als kulturell anders verstehen (wollen), die polnischen Einwanderergruppen im
Ruhrgebiet, die engagiert in "ihrer" Gruppe bleibend ihre Integration
(hier allerdings hptsl. als Integration in Arbeitsmarkt und Sozialsystem
verstanden) betrieben haben und heute völlig akzeptiert und sogar
"assimiliert" sind (so sehr, dass polnische Nachnamen in Deutschland
eigentlich nicht mehr auffallen). Interessant wären auch die Gruppen von
US-Amerikanern (Soldaten und ihre Familien), die langezeit in Deutschland in
gesonderten Vierteln leb(t)en und das sogar mit eigener
Rechtssprechung!.............. Das alles kann
man als Parallelgesellschaft bezeichnen. Normalerweise meint man aber
heutzutage aktuell mit dem (Kampf)Begriff die Einwanderer-Viertel von meist
islamischen und meist prekär-sozial-finanziell ausgestatteten Neubürgern. Hier
wird behauptet bzw. festgestellt, dass "hier" deutsche Gesetze und
Werte kaum oder gar nicht respektiert würden (=siehe Sharia-Polizei,
Friedensrichter, Gewalt gegen Polizisten etc.). Dieses Argument könnte man
untersuchen. Allerdings bleibt es meist nicht hierbei, es wird noch kritisiert,
dass "die da" kein Wort deutsch sprechen, nur unter sich bleiben und
kein Interesse an Integration und Kontakt mit der
"Mehrheitsgesellschaft" hätten. Und zumindest diese Punkte wären im
Vergleich mit den von mir anfangs aufgezählten anderen
Parallelgesellschaftsformen zu vergleichen. Konkret schlage ich vor, dass nur
als Parallelgesellschaft bezeichnet wird, wo das deutsche/europäische Recht
nicht zählt und es eine Tendenz zur "Gegengesellschaft" gibt. (denn
sorry: es sollte uns erstmal in einer offenen und freien Gesellschaft egal sein,
ob dort deutsch gesprochen, gegessen, gekleidet wird etc..).
Interessant ist unser aktueller politischer Diskussionsstand und
Aktionismus sowieso: denn – obwohl immer Religion plus Extremismus als
Hauptargument kommt – der nur arabisch sprechende, islamische (sogar zT
islamistische, sprich: wahabistische) saudische Prinz hat mit unserer
Willkommenskultur sicher keine Probleme… so wird die Rede von der
Parallelgesellschaft schnell klassen-bezogen diskriminierend (und nicht nur
rassistisch, sexistisch etc.).
(17.12.2015)