Be-Stimmungen zum Aufbau des Blogs

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Mittwoch, Dezember 09, 2009

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Sachtext 1.
Leserbrief 2009:

HNA Leserbriefe vom 19.11.09 zum Artikel: „Sie haben keinem geschadet“.

Vorbemerkung:

In Kassel wird seit einigen Jahren der Fall einer christlich-fundamentalistischen Familie erörtert und zuletzt an Gerichten geklärt, die ihre Kinder nicht an einer staatlichen Schule unterrichten lässt sondern zu hause selbst unterrichtet.

Natürlich sind die Eltern Dudek offensichtlich gut geeignet, ihre Kinder zu unterrichten; sie haben dem Kindeswohl auch nicht direkt geschadet – okay. Aber – die Schulpflicht in Deutschland hat ihren Sinn, sie soll – unabhängig von der Güte der jeweiligen Schule und des Unterrichts – zu gewissen Mindeststandards an (vergleichbaren) Erfahrungen führen, soll einen gemeinsamen Nenner an Kriterien liefern etc.. Die von einigen anderen Lesern vertretene Ansicht, eine tolerante Gesellschaft solle eben auch solche „Individualisten“ aushalten und sogar fördern können, ist hier nicht das richtige Argument. Unsere tolerante, meist als viel zu individualistisch gescholtene Gesellschaft hat es ja geschafft, eine Reihe von Reform- und Ersatzschulen (Waldorfschulen, Gesamtschulsysteme, Jena-Planschulen etc.) anzubieten, so hätten Dudeks sehr wohl alternative Schulen für ihre Kinder finden können, sogar christlich fundierte.

Die christliche Begründung der Familie Dudek zeigt zudem deutlich, wieso Staat und Gesellschaft eben nicht auf die Durchsetzung der Schulpflicht verzichten dürfen: das nach eigenen Worten „biblische Wertesystem“ hat sich leider die letzten Jahrhunderte eben nicht als „hervorragend geeignet, junge Menschen zu erziehen“ erwiesen. Würden wir Eltern mit islamischen Werte- und Glaubenssystem auch Homeschooling erlauben?

Holt man den jetzigen Fall aus dem Schulbereich hinaus und zieht die Analogie etwa zu Fahrschule oder dem Studium der Medizin, wird es noch klarer: Fahrunterricht durch Papa? Operationen durch den selbst-ausgebildeten Chirurgen?

Die Gesellschaft kann – bei aller möglichen Eignung der Eltern – nicht zulassen, das privat unterrichtet und ausgebildet wird; die Diskussion beweist, wie gering immer noch die Arbeit von Lehrern, das Unterrichten von Kindern geschätzt wird ….
Jedes Elternteil kann so was natürlich von selbst.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

In Kanada kann man Homeschooling machen. Ebenso hat mein Vater (Chemiker von Beruf) mir das Autofahren beigebracht (ich habe, wie etliche in Kanada, auf die Fahrschule verzichten können...), da es in Kanada lediglich eine Prüfung der Fahrtüchtigkeit benötigt, um ein Fahrerlaubnis zu bekommen.

LaScriba hat gesagt…

Hallo
danke für die Rückmeldung.
Und ja, in vielen Ländern gibt es Homeschooling - was natürlich kein Argument für Deutschland sein muss...
Mein Problem mit dem Thema ist folgendes: Man kann vielleicht zu recht eine Fahrschulprüfung machen "beim Staat" ohne vorher in eine offizielle Fahrschule gegangen zu sein -
aber bei Schule und Ausbildung halte ich das doch für recht gewagt.
Zudem geht es mir im Fall Dudek um den stark religiös-fundamentalistischen Ansatz!
In Deutschland gibt es die aus leidlicher Erfahrung geborene und gerechtfertigte Trennung von Kirche und Staat.
Und es gibt viele, auch christlich-geförderte Schulen in Deutschland...
Die Schulpflicht soll in einer Demokratie ja auch die demokratischen Werte vermitteln und garantieren - das ist zu hause nun längst nicht immer gegeben und schon gar nicht so einfach überprüfbar.

LaScriba hat gesagt…

Nachtrag:
2. Leserbrief vom 02.12.2009

Die ausgesprochene Strafe für die Familie Dudek ist ein Witz. (…)
Die Eltern haben eindeutig und mehrfach das Gesetz gebrochen, was immer man davon im Einzelfall halten will; und das, zudem unter Beruf auf fundamentalistisch-religiöse Werte!
Das sollte mal eine islamische Familie wagen. (…)
Ein paar Seiten vor der Berichterstattung über das Gerichtsurteil wird groß über Schulverweigerer – Schulschwänzer – und ihre wesentlich höheren Bußgelder (300 Euro= berichtet. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?
(…)
Schulunterricht kann also jeder einfach so zuhause abhalten?
Wenn mir die Schule nicht passt, bleiben meine Kinder einfach zuhause? Oder?

02.12.2009 HNA

Anonym hat gesagt…

Ich versteh nicht so ganz, wo das Problem ist.

Gerade im Falle Dudek. Die Kids sind ausgesprochen gut gebildet, sozialisiert und ich kann mir nicht vorstellen, dass die "religiös-fundamentalistischen" eine Drohung für Deutschland (oder für Sie persönlich) darstellt.

Und angst vor islamistische Familien? Bitte. Besser wäre es, wenn Menschen tatsächlich Menschen begegnen würden... vielleicht mal im Café oder Kulturzentrum... dann würden wir die Angst vor das Fremde bald ablegen können.

Die Verrückten wird es immer geben. Zeigt doch das die Terroristen auch in Deutschland ihren Unwesen treiben auch mit Schulpflicht... an der Schule, Schulweigerung oder Homeschooling hängt deren Erfolg nicht.

LaScriba hat gesagt…

Hi
ich glaube Sie haben mich etwas falsch verstanden - nicht ich habe Angst vor "islamistischen Familien"; ich habe nur angemerkt, wie sehr wohl der Aufschrei der Öffentlichkeit wäre und zwar ganz besonders auch von denen, die ach so viel Verständnis für die Familie Dudek mit ihrer religiösen Begründung für das Homeschooling haben, wenn beispielsweise eine türkische Familie ihre Kinder zu hause unterrichten wolle und zwar mit Hinweis auf die "Werte des Islam"!

Und natürlich sind die Dudeks keine Gefahr für mich oder die deutsche Gesellschaft (hoffe ich jedenfalls :-)); aber ihre christlich-fundamentalistische Haltung schon...
Jetzt wollen Sie scheinbar den Glauben der Dudeks nicht so einschätzen (Ihr gutes Recht), aber eventuell unterschätzen Sie die moderne, christliche "Rechte".
Gut, ich vermute nur, dass die Dudeks christlich-fundamentalistisch wären...
Allerdings, dass die Mutter im Gerichtssaal ein Kopftuch trägt (!), demonstriert schon viel....